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Haare ziehen mit 1,5 Jahren
Gespeichert von Angelika Koch am 5. März 2018 - 17:54
Saskia aus Berlin fragt:
Ich habe gerade ein Mädchen im Kurs, 1,5 Jahre, die ständig den anderen Kindern an den Haaren zieht.
Es ist meist während der Beobachtungszeit weniger.
Wir hatten schon Austausch dazu.
Ich habe nun schon vorgeschlagen, dass ich das eingreifen für die Mutter übernehme.
Das Mädchen macht das wirklich sehr stark, lacht dabei immer wieder.
Die anderen Kinder weichen nun schon zurück, wenn sie auf sie zukommt.
Die Mutter schrieb mir nun, dass sie es blöd fand, da ein Vater eines anderen Kindes die Bemerkung gemacht hat, dass sein Kind Angst vor ihr hat. Und sie bat mich, dass nochmal in die Gruppe zu bringen. Und hatte die Frage, ob das Verhalten denn normal sei.
Saskia Kenter
4. April 2018 - 14:49
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Liebe Angelika,
Liebe Angelika,
deine Impulse waren wirklich Gold wert! Ich habe zu Beginn der Stunde "aus aktuellem Anlass" einen kleinen Impulsvortrag zu "Haare ziehen, Beißen etc. in dem Alter" gehalten und dann in die Runde gefragt, wie die TeilnehmerInnen dazu empfinden. Dabei kam es zu einem wirklich wertvollen Austausch, bei dem sowohl die Mutter des "ziehenden" Kindes, also auch "betroffene" Mütter zu Wort kamen. Besonders wertvoll fand ich, dass eine Mutter schließlich meinte, dadurch werde ihr so klar, wie wichtig es sei, die Kinder in jeder Stunde mit neuem, offenen, neugierigem Blick zu beobachten, zu sehen und die Kinder nicht von vornherein als "Täterkinder" zu sehen, wenn sie eben gerade eine Zieh- oder Beißphase hatten. Eine andere Mutter, deren Sohn momentan eher ruhig ist, erinnerte sich daran, wie anstrengend es für sie war, als ihr Sohn gerade in einer ähnlichen Phase war und teilte dadurch, dass es sich auch wieder ändert und sie die lebhafte Phase momentan eher vermisst. Auch einigte die Gruppe sich erneut darauf, gemeinsam liebevoll dafür Sorge zu tragen, dass das Kind allmählich versteht, dass Haare ziehen den anderen Kindern weh tun kann und es in diesem Prozess gemeinsam zu begleiten. Dass die Verantwortung, dass es allen Kindern gut geht, bei der gesamten Gruppe liegt.
Toll!
Tausend Dank für diese wertvollen Gedanken.
Mehr davon dann beim Supervisionstag. :-)
Herzliche Grüße,
Saskia
Saskia Kenter
7. März 2018 - 16:23
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Liebe Angelika,
Liebe Angelika,
wow, das war echt eine sehr hilfreiche Antwort. Damit kann ich gut in die nächste Stunde morgen gehen. Manchmal verliert man einfach die Orientierung, da ist es gut, mal wieder auf die richtige "Spur" gebracht zu werden.
Ich berichte dann wieder, wie die Stunde lief.
Viele Grüße,
Saskia
Angelika Koch
5. März 2018 - 18:15
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Liebe Saskia,
Liebe Saskia,
normal ist das Verhalten insofern, dass manche Kinder in dem Alter intensiv und durchaus ausdauernd daran forschen, wie die anderen Kinder reagieren und wie die Erwachsenen, wenn die Haare heftig gezogen werden. Und es gibt ja dem Kind ein Gefühl starker Selbstwirksamkeit, wenn ein anderes Kind (oder gleich mehrere laut protestieren) oder schmerzlich weinen, was vielleicht echt Freude macht und mit Lachen ausgedrückt wird. Und Empathie ist noch ein längerer Weg.
Manchmal gibt es auch andere Gründe dafür: gerade überfordert sein und deshalb sehr schnell in Konflikte geraten; Mittel um zum Ziel zu kommen, ... .
Auf jeden Fall braucht es gute, freundliche und bestimmte Begleitung, bis das Mädchen dies wieder lässt, bis es entweder genug geforscht oder verstanden und akzepiert, dass die Erwachsenen dies nicht zulassen. Oft kommt die erwachsene Hand dazwischen zu spät um es zu verhindern. Dann braucht es evtl. die Hand auf den Kopf zu drücken, um die Haare zu lösen,Trost für das gezogene Kind und Spiegeln für das ziehende Kind ("Du hast die Haare gezogen, das will ich nicht"), vielleicht auch ein Erklären, wenn der Grund sichtbar ist (Du wolltest sehen, was Egon macht, wenn Du ziehst, oder ....).
Oder es braucht den elterlichen Schoß um Pause zu machen, wenn es dem Kind zu viel ist.
Den Teilnehmern hilft meist ein Gespräch darüber, dass das Verhalten normal ist, dass die Kinder dabei viel lernen (Führung und Verständnis durch die Erwachsenen, Trost, Selbstkompetenz (für sich sorgen, durch weggehen oder Schutz suchen, ...) und dass es die Eltern herausfordert und oft schwierig zu akteptieren ist und für jede Seite Verständnis braucht.
Was habt Ihr, liebe Kolleginnen, noch für Gedanken dazu?
Liebe Grüße,
Angelika