Sie sind hier

Konflikte unter Zwillingen begleiten

Eine Frage von Saskia aus Berlin: "Wie Konflikte unter Zwillingen gut begleiten?"

Eine Mama im Kurs hat ca. einjährige Zwillinge und braucht ein paar Impulse, wie sie sie bei Streitereien gut begleiten kann. Ihre Sorge ist, dass sich, wenn sie wenig eingreift, vielleicht immer einer von beiden durchsetzt. Meine Fragen dazu: Ist das ähnlich wie die Begleitung von Kindern im Kurs oder gibt es für Zwillinge vielleicht noch ein paar Extratipps?

Ich würde mich sehr freuen, wenn es dazu ein paar Antworten gäbe.

Hallo Saskia,

ich bin eine der Münchner Beratungsstellenkursleiterin und selber Zwillingsmama...Angelika hat mich gebeten, dir aus dieser Sicht zu antworten.

Grundsätzlich ist die Antwort erst mal ähnlich wie die Begleitung von Kindern im Kurs - also beobachten, was passiert, die Mimik der Kinder im Blick haben, eingreifen wenn eins der Kinder sich sichtlich nicht mehr wohlfühlt, trösten wenn nötig...

Besonderheiten gibt es schon bei Zwillingen. Sie sind sich sehr vertraut, sind ja meistens die ganze Zeit zusammen, da kann sich schon auch eine ganz spezielle Dynamik entwickeln...oft gibt es auch, wie überhaupt bei Geschwistern, besonders viele Konflikte. 

Ich glaube, keine Kinder können so gut lernen, mit Konflikten umzugehen wie Zwillinge. Wenn die Eltern die Konflikte als Chance und Lernfeld betrachten, nicht negativ bewerten und sie wertschätzend begleiten, dann können alle sehr viel dabei lernen.

Klar ist das super anstrengend mit zwei Kindern, da braucht auch die Mutter Wertschätzung und vielleicht mal Entlastung. Oft ist es aber schon viel Entlastung, wenn klar wird, dass sie eben nicht die "Richterin", Vermittlerin, Konfliktschlichterin und Problemlöserin sein muss...

Ist es jetzt so, dass meist eines der Kinder "sich durchsetzt" oder hat die Mutter nur Angst, dass es so kommen wird? Da wäre gut, immer wieder zu üben, im Moment zu sein, zu schauen, wie es gerade jetzt ist...

Sind es zwei Mädchen, zwei Jungs oder Mädchen und Junge? Gibt es eventuell rollenspezifische Vorurteile? Das kennen wir ja auch aus den Kursen: bei Jungs haben wir oft mehr Angst vor den "Aggressionen", bei Mädchen finden manchen es tendenziell besser, wenn sie forsch und mutig sind...

Manchmal ist es auch so, dass einem eins der Kinder emotional näher steht. Sollte das dann das "unterlegene" sein, kann es schon schwierig sein, das auszuhalten.

Wenn die beiden Kinder vom Temperament und ihrer Körpergröße und -kraft her sehr unterschiedlich sind, kann es schon sein, dass das größere öfter auch das stärkere ist und "sich durchsetzt"... aber was heisst das eigentlich? Ein Eingreifen ist aber auch dann doch nur nötig, wenn eins der Kinder ein Problem hat... ansonsten immer wieder üben darauf zu vertrauen, dass die Entwicklung schon gut verläuft und sich die Phasen abwechseln. Gerecht ist ja nicht, wenn beide das gleiche tun/bekommen, sondern wenn beide genug von dem bekommen, was sie brauchen. Wenn eins der Kinder sichtbar "leidet", braucht es Trost und gegebenenfalls ein bisschen Ermutigung... unsere beschreibende wertschätzende Sprache ist da immer sehr hilfreich: "jetzt hat der S. den Eimer - L. kommt und will auch den Eimer haben -  ihr haltet beide den Eimer fest und zieht - L. hat fester gezogen und S. hat losgelassen - S. will den Eimer wieder haben und weint - jetzt wollt ihr beide den Eimer haben - usw."

Und natürlich nützt es gar nichts, bei Spielzeug alles doppelt zu haben. Es geht eben in der Regel um den Konflikt und nicht um das Spielzeug.

Gerade bei Zwillingen ist es wichtig, sie nicht in Schubladen zu stecken - das ist der, der IMMER so grob ist...der zieht IMMER den kürzeren.... jedes Kind hat seine individuelle Entwicklung und bei Zwillingen haben die Eltern die Chance, das täglich immer wieder beobachten zu können. Die Kinder sind noch so klein, da kann sich vielen auch noch verändern.

Meine Söhne hatten unglaublich viele Konflikte - typisch für viele Zwillinge: sie waren sehr eng miteinander und das zeigt sich auf der Konfliktseite genauso wie auf der Näheseite. Als ganz Kleine hat einer Haare gezogen, der andere dafür gebissen... später hat der eine beschimpft und der andere gehauen und geschubst... das ging so bis zur Pubertät - L. war etwas früher schon pubertär, mit ca. 13 und seitdem ist bei uns Ruhe. Sie sind jetzt 16, verstehen sich super, machen viel zusammen, sind aber auch ganz eigenständig...und so verschieden wie eh und je. 

Das ist doch eine Perspektive ;-)

Hat dir das ein bisschen weitergeholfen?

Herzliche Grüße,

Monika